Kaffee aus der Nase

Kaffee aus der Nase

Gestern Nachmittag ist mir der Kaffee aus der Nase herausgekommen. »Jetzt ist es soweit«, hatte die Weibin in unserem Haus gerufen, »ich alarmier schon mal die Leute.« Wen sie mit Leute meinte, kann ich nur vermuten, ich tippe auf Angehörige heilender Berufe, auch Kesselflicker kämen in die engere Wahl, wenn man die Abdichtung meiner Nasenleckage als dringendste Maßnahme ansieht, Sanitärfachkräfte sowieso von wegen sanitär und Sanitäter, die Verwandtschaft sticht in die Globoli, wie komme ich darauf, ach, weil Globolikügelchen ausschauen wie Pupillen bei direktem Lichteinstrahl, sagen wir Verhör zweiten Grades, gleißender Scheinwerfer, fiese Unholdstimme: ›Gestehen sie oder ich schalte auf 2000 Watt um‹, da überlegt man nicht lange und lässt den Plauderton erklingen, denn wer hat schon Lust auf Gehirnwäsche, Elektroschocks, Berieselung mit Foltermusik (Helene Fischer) oder Waterboarding (dagegen kann sich der Kretschmann mit seinem Waschlappen einen reiben).

Den Kaffee hatte ich mit geschlossenen Lippen runterschlucken wollen, wie es hier der Brauch ist. Konventionen sind mir wichtig. Nicht bedacht hatte ich, dass es eine interne Verbindung zwischen Hals und Nase gibt, die, bevor ich den Schluckvorgang in die Wege leiten konnte, ihre Pforten öffnete, und da war es geschehen.

Statt der ominösen ›Leute‹ hatte die Weibin jetzt Katja in der Leitung, Kollege Klöppers Frau. Die mit den Ratschlägen, deretwegen die Müllabfuhr einen weiten Bogen um ihr Haus macht und der Briefträger die Post beim Nachbarn einsteckt. »Hau ihn auf den Rücken, dann löst sich der Schleim«, gab die Weibin die frohe Kunde an mich weiter als Vorwarnung kommender handgreiflicher Misshelligkeiten. Da hatte sie schon ausgeführt, und mir flog die Brille von der Nase.

Mir wurde es zu dumm. Ich riss den Hörer an mich und verlangte den Klöpper, aber subito. Der war sauer. Weil Katja sauer war. Katja war sauer, weil ich den Macho habe raushängen lassen. Die Weibin war auch sauer. Wegen des Kaffeeflecks auf der Tischdecke (wir besitzen keine Tischdecke, aber als Argument ist die Tischdecke immer zur Hand, wenn ich kleckere). Dabei sollte sie mir dankbar sein. Es hätte auch Rotwein aus meiner Nase sprudeln können. Versuch mal, die Flecken zu beseitigen, da sage ich nur Halleluja.

Euer Heinzi

(Friesländer Bote, 08.10.2022, letzte Seite)

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