Massenmörderisches Gemetzel

Massenmörderisches Gemetzel

Mit dem Hund rausgehen und in die Luft gucken erfrischt auch in Corona-Zeiten, und um das Luftgucken zu variieren, könnte man auch in den Himmel gucken und den Zug der Gänse verfolgen oder auf den Boden vor die eigenen Füße (gucken, noch immer), wo einem leider kaum neue Gedanken zufliegen und diese ganze Guckerei allmählich lästig wird, aber was macht man nicht alles in Corona-Zeiten, und es mag ja als Notlösung herhalten dafür, dass einem nix mehr zukommt an Abwechslung und sinnhaftem Tun, wenn da nicht plötzlich ein Schrecken durch die eigenen Glieder jagt beim Gucken auf die Erde, nämlich der Schrecken, man könnte mit dem nächsten Schritt hunderte kleinste Lebewesen zertreten und massenmörderisch unterwegs sein beim Spaziergang mit dem Hunde, o je, nicht auszudenken, welche Opfer jeder weitere Schritt verursachen wird, da möchte man erstarren und seine Knochen zusammenlöten und denken, mein Gott, wie viel kleinste Lebewesen habe ich hingemetzelt auf meinem Gang mit dem Hunde, welcher besser dran ist mit seinen Samtpfoten, unter denen die Kleinstlebewesen vermutlich nur einen Zehntelmillimeter in den Sand gedrückt werden, eher ein freundlicher Gruß von oben denn ein rüdes Niederstampfen, und jetzt, wo mir dieses Zerwürfnis meiner Moral ins Bewusstsein aufsteigt wie das Quecksilber in einem altmodischen Thermometer bei aufquellender Sommerhitze (zurzeit nicht gegeben, nur so als Bild), da fällt mir eine indische Religion ein, die den gleichen Namen trägt wie ein ehemaliger Deutsche-Bank-Manager, Anshu Jain hieß der und die Religion Jainismus, welche verbietet, Kleinsttiere mit den Hartsohlen unserer Doc Martens zu zertreten, deswegen die Jains barfuß laufen und einen Handfeger bei sich führen, mit dem sie Kleintiere auf dem zu beschreitenden Weg behutsam zur Seite wedeln, um danach reinen Gewissens ihre Schritte zu setzen ohne die grausliche Begleitmusik aus den Kehlen hunderter Kleinstlebewesen, die ihre letzten Worte herauspressen.

Sorry, eigentlich wollte ich dichten: ›O wie frisch grünt unser Friesentisch‹, aber dann hat der Bleistift Gas gegeben und war nicht mehr aufzuhalten.

Euer Heinzi

(Friesländer Bote 16.01.2021, letzte Seite)

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