Bisher habe ich noch keinen gefunden, der gegen folgende Annahme wetten würde: Ich behaupte, dass sich nach der Pandemie die gleichen Zustände einstellen wie davor. Eigentlich eine unhaltbare These, denn schon der Grieche Heraklit sprach: ›Alles fließt‹, oder bildhafter ›Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen‹. Demnach verändert sich die Welt von einem Augenaufschlag zum nächsten, nichts wiederholt sich, und meine These kannst du gleich in die Mülltonne werfen. Auch die üblichen Meinungsdiktatoren waren sich einig: Die Pandemie bedeute einen Wendepunkt. Sie wird uns Menschen verändern. Wir werden zur inneren Einkehr gelangen. Wir werden achtsamer mit uns umgehen und mit der Umwelt. Unserem Egoismus abschwören. Die Flugreisen minimieren. Kein Fleisch mehr essen. Den SUV abmelden, mit der Bahn fahren. Das alles waren Suren aus dem Katechismus der Einfalt, die schon bei ihrer Verkündigung Stoff für Häme und Satire abgaben.
Was erwartet uns also, wenn Homeoffice und Homeschooling in der Abstellkammer verschimmeln? Nichts Neues, sage ich. Der Fluss des alten Griechen plätschert vergebens. Billig-Flugreisen nach Malle werden längst wieder ins Urlaubsvisier gerückt. Der Retouren-Wahnsinn rülpst zum Gruße. Die Kreuzfahrtmonster pumpen bereits ungeduldig Schweröl in ihre Bäuche. Der SUV röhrt sich warm für die Einkaufsrallye zum Ökoladen (das Klischee, durch Umfragen bestätigt, lebt und gedeiht). Shoppen, bis die Einkaufstüte explodiert und das Bankkonto implodiert. Das Tierwohl? Geht beim Grillen von Bratwürsten aus der tierischen Folterzucht in Rauch und Ruß unter.
Eine allzu misanthropische Einstellung, maulst du? Mag sein, immerhin, es gibt da einen, dessen Verhalten sich auch nach der Pandemie um keinen Deut ändert, und der sich dennoch nix vorwerfen muss. Sein Name lautet Klopstock, Rauhaar von Herkunft und Adel. Dem ist der SUV wurscht, mit Mikroplastik hat er nix am Hut, und für einen Autobahnbau durch Moorgebiete fehlt ihm der human-hirnige Defekt. Was meinte schon Friedrich der Große? »Je mehr ich von den Menschen sehe, um so mehr schätze ich Hunde.« Das war im 18. Jahrhundert. Es bleibt alles, wie es bleibt.
Euer Heinzi
(Friesländer Bote, 19.06.2021, letzte Seite)