Die Schwemme der Regionalkrimis, insbesondere der Friesenkrimis, hat mich angeregt, auch einen Roman zu schreiben. Mir fielen auch sofort Buchtitel ein, die das Regionale zum Ausdruck brachten: ›Der teuflische Tourist‹ – ›Das Matjesmassaker‹ – ›Das Skelett im Gülletank‹ – ›Die Labskaus-Morde‹ – ›Die Untoten im Vareler Rathaus‹ – ›Leichen fliegen über Bockhorn‹ – ›Fräulein Siemtje im Blutrausch‹ – ›Stirb, Krabbenfresser!‹ oder auch ›Kuhfladen pflastern seinen Weg‹. Alles viel zu brav. Nein, der Titel musste Spannung pur versprechen und die Story erahnen lassen, die skandinavisch brutal, psychopathisch, düster und verstörend den Schlaf der Leser in einen Alptraum verwandeln würde. ›Torfgeld‹ fiel mir noch ein mit Assoziationen zu Moorleichen, aber dann sprang er mich an, der Titel, der aus der Hölle kommt: ›Der Zahnarzt mit der Kettensäge‹. Hier schon mal eine Leseprobe für Leute, die gewillt sind, in friesische Abgründe einzutauchen.
»Mit der Kraft der Verzweiflung bäumte sich Sielwärter Thiel auf, wand sich, zuckte. Vergebens. Die Drahtschlingen, die ihn an den Behandlungsstuhl fesselten, schnitten schmerzhaft in seine Handgelenke. Stöhnend drehte Thiel seinen Kopf, um dem Hitzestrahl der 1000-Watt-Lampe zu entgehen, der sich durch sein Brillenglas schmurgelte auf der Suche nach Menschenfleisch. ›Nicht die Rohrzange!!‹ Kalt und herzlos fuhr der Zahnarzt seine Sklavin Alice an, 2. Lehrjahr, ›nimm den Kuhfuß!‹ Da brüllte auch schon die Kettensäge auf und fraß sich mit schrillem Kreischen in die Kopfstütze, Funkenflug, Brandgeruch, und als Gruß aus der Küche schwenkte der diabolische Dentist einen Brathering vor dem Mund des Sielwärters. Plötzlich ein hohles Lachen, draußen vor der Tür. War es die Geliebte der Sklavin, die um Einlass zum Schlachtfest begehrte? Nein, Oma Süffel aus Seghorn wartete dort mit einer selbstgehäkelten Veggie-Wurst. Vom Hafen aber wehte der Gesang des Shantychors.«
Befreit Oma Süffel den Sielwärter? Vergiftet sie den Zahnarzt mit der Veggie-Wurst? Die grausige Antwort darauf verrät der 2. Teil meiner Romantrilogie: ›Oma Süffel und der Abdecker‹. Darin tun sich Abgründe der Verwesung auf. Nichts für schwache Nerven!
Euer Heinzi
(Friesländer Bote, 16.10.2021, letzte Seite)