Um Tante Margret und Onkel Paul in Wohlwollen einzustimmen, hatte ich unterwegs ein Sechserpack Joghurtsahnetörtchen erstanden. Damit wollte ich das schwarze Bild, dass meine Verwandten von mir zeichneten, mit der Süße von Sahne, Zucker und Zungenschmelz ins Positive wenden.
»Wir vererben nichts«, begrüßte mich Tante Margret, »nur für den Fall, dass du dir falsche Hoffnungen machst.« Sie warf Onkel Paul einen despotischen Blick zu wie weiland Putin seinen am andern Ufer des Diktatortisches zitternden Ministern. »Genau«, nickte Paul eilig, »von uns gibt es nichts.«
»So, wie du uns enttäuscht.« Margret schenkte dennoch Kaffee ein. »Erbschaft, da hängt Blut dran.« Die beiden ereiferten sich. »Wie bei Anna und Georg damals.« »Mord und Totschlag! Der Sohn hat hinterrücks das Konto aufgelöst.« »Bis zum Kadi ging das.« »Und erst Erika, die Blutbande hatte sie schon vor ihrem Ableben, Gott hab sie selig, ins Heim abgeschoben.« »Hinterher Party auf allen Etagen.« »Verprasst haben die das Ersparte!« »Den Rest bei ebay verhökert.« »Sogar die Gläser mit dem eingemachten Kürbis.« »Den letzten Tropfen aus dem Leichenhemd gewrungen.«
Ich kam nicht zu Wort. Margret und Paul besitzen ein schuldenfreies Häuschen (im Speckgürtel, lukrative Vermietung?) mit einem weitläufigen Garten (Bauplätze?). »Der Staat kriegt auch nichts«, fiel Margret in meine Gedanken, »da fressen sich nur korrupte Vettern und Oligarchen den Wanst voll. Die stecken sich unser Erbe in den Hintern, und wir können zusehen, wo wir bleiben.«
»Wie das?« frug ich, »dann seid ihr doch eh schon unter der Erde.« Margret schnappte nach Luft. »Da! Hör den Jung’. Der denkt nur an unser Ende.« »Genau, und an sein Erbe, der Taugenichts.« »Da hat er sich verrechnet.« »Wir haben nichts zu verschenken, bleibt alles hier.« Mir wurde es zu bunt. »Aber ihr sagt doch selbst, das letzte Hemd hat keine Taschen. Ach, nehmt doch noch ein Sahnetörtchen.« »Dieser Chemieklumpatsch gehört auf den Sondermüll«, knarzte Paul, »der schmeckt nicht halb so gut wie Margrets Käsekuchen. Damit erschleichst du nicht unser Erbe.«
Meine Zukunftspläne werde ich wohl ändern müssen.
Euer Heinzi
(Friesländer Bote 21.05.2022, letzte Seite)