Mansplaining

Mansplaining

Ein etwas irrer Fall von mansplaining ist mir untergekommen. Mansplaining? Dabei denkt man zuvörderst an einen Mann, der einer Frau, die er offenbar (qua Frausein) für geistig minder möbliert hält, Vorträge ins Ohr salbadert über Themen, für die er Groß- bzw. Alleinkompetenz in Anspruch nimmt, kurz gesagt: Der Mann schwadroniert, die Frau macht dicht. Ach, dazu fällt mir ein verblasster Fernsehbeitrag über einen gewissen Peter Maffay ein, der mit seiner Freundin eine Motorradtour unternahm, vor kulturellen als auch landschaftlichen Knallerbsen eine Rast einlegte, seinen Bildungszeigefinger über die Attraktion schweifen ließ und seiner zagen Zuhörerin im Ton eines Klassenlehrers die Historie, geopolitische Verzwickheit, paläontologisches Teufelszeug und derlei Gedöns offenbarte, weil, frau weiß ja nix. Jetzt bin ich ab vom Pad, zurück zum eingangs versprochenen Fall:

Wir saßen in einem Gartenlokal bei Bier und Eiskaffee. Am Nebentisch erläuterte ein Herr seiner Dame das Dilemma der deutschen Immobilienwirtschaft: »Der Deutsche will sein Eigenheim immer sofort abbezahlen und keine Schulden hinterlassen, und da die Hypothekenzinsen seinen finanziellen Spielraum bedrohen, lässt er den Hauskauf oft gleich sein, German Angst, du weist schon. Dagegen der Südländer: Der kauft sich unbesehen ein großes Haus und verschuldet sich bis weit über seine Lebenserwartung. Und warum? Weil der Südländer 18 Kinder hat, und die erben das Haus bzw. die Schulden, und deshalb besitzen die Südländer alle ein Eigenheim und somit Vorteil.«

Mansplaining vom Feinsten. Ich frage mich, hat die südländische Ehefrau alle 18 Kinder geboren, oder waren weitere Gebärende im Spiel? Und dann das Verteilungsgerangel: Wer rafft sich die meisten Schulden? Und welcher Pechvogel kriegt gar keine Schulden ab?

Wie es kommt, fiel mir dazu Kuscheltherapeutin Susanne ein, die mir immer meine Verhaltensdefizite aufblättert, quasi frausplaining. Ich wähl ihre Nummer und zack, sie sabbelt und sabbelt und – Markus Lanz ist längst zu Bett – schimpft, ich würde alle Leute von oben herab und sowieso, mansplaining wäre ein »Schiss« dagegen. »Das wollte ich klarstellen«, ruft sie, »zuhören ist nicht dein Ding, immer nur andere belehren.« Knacks. Leitung tot.

Euer Heinzi

(Friesländer Bote, 02.07.2022, letzte Seite)

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