Land contra Stadt – 1

Meine mir selbst gestellte Aufgabe: Dem norddeutschen Matsch- und Nebelland gute Seiten abgewinnen. Zum Vergleich ziehe ich die ärmliche Lage des Berliners heran, stellvertretend für alle Großstadtmiseren.

Nebel  Gern irrt der Friese im Nebel herum. Weil es mehr Spaß macht, als sich einen rostigen Nagel durch das Trommelfell zu jagen. Durch den Nebel kannst du auch nackt laufen, ohne blöd angequatscht zu werden oder dich schämen zu müssen; es sieht dich ja niemand. Nackt wieder aus der Nebelwand aufzutauchen, ist keine gute Idee, aber das weiß man hier im Nebelland und richtet sich danach. Der Berliner dagegen weiß nix. Er rennt nackt aus der friesischen Nebelwand und landet beim Idiotentest.

Matsch  Wer hier im Matsch steckenbleibt, braucht sich keine Sorgen zu machen, ob er noch ankommt. Das Ankommen wird überhaupt zu hoch bewertet. Der im Matsch steckende Friese trägt dem Rechnung und gut is. Wenn der Berliner nicht ankommt, blafft er die Leute an, die zurückblaffen, weil sie auch Berliner sind. Traurig, traurig.

Moor  Im Moor sackt man ein und verschwindet. Was will man mehr? Erst in 500 Jahren wird man wieder herausgezogen und als Moorleiche in einem kalten Museumskeller ausgestellt. Aber dann ist man sowieso schon tot. Eine prima Sache. Der Berliner aber verfault im Grab, und keiner will diesen Knochensalat in 500 Jahren wieder ausbuddeln.

Das Watt  Im Watt leben Wattwürmer. Ich möchte den sehen, der die kleinen Würstchen nicht beim ersten Anblick in sein Herz schließt. Freude pur, die uns das Watt bietet. Dem Berliner geht so was ab. Der frisst Currywurst und pfeift aus der Hose. Wieder ein Pluspunkt für das Matschland.

Regen Wenn es hier mal nicht regnet, regnet es. Es regnet auch, wenn die Sonne scheint. Im Winter regnet es, sofern die Temperatur nicht unter Null sinkt, aber nach kurzem Zögern regnet es einfach weiter. Jeder Friese beginnt ein Gespräch mit „Heute regnet es aber.“ Die Antwort muss lauten: „Gestern hat es auch geregnet.“ Damit ist der Wortschatz erschöpft und der Anspruch auf Geselligkeit eingelöst. Um wieviel mehr Worte macht der Berliner seinen Scheißstimmungen lauthals Luft. Geselligkeit geht bei dem Stänkerschwall unter. Nur noch Fluchtgedanken.

 

Hannover 2008 045

 

Wind  So wie der Regen hier im Matschland immer regnet, windet der Wind unaufhörlich. Der Wind ist ein Garant für: Gute Laune! Er peitscht den Regen in dein Gesicht. Auf diese Weise hast du zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Wind & Regen. Darüber freust du dich, und deine gute Laune wird gesteigert durch eine Sturmböe, die einen Pappelbaum auf dein Auto schleudert. Das Auto war alt, die Versicherung neu, du verstehst, was ich meine. Der Berliner sitzt im Wohnblock und stänkert. „Wenn ich rausgehe, werde ich nass, und meine Frisur ist im Eimer. Wenn ich drinbleibe, kriege ich Pickel am Arsch. Alles ist Scheiße, und die anderen sind Schuld.“ Vorteil Matschland.

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