25. Die Grübelmonster wehren sich

25. Die Grübelmonster wehren sich

Als Else-Marie, die vom Heimatdichter Gregor Fuseler geschasste, besser gesagt, mit dem dicken Lehmann getauschte Ehefrau desselbigen, will sagen des Dichters, als Else also vom Pastor Eckerle geschwängert wurde (siehe G-N-G 23), ahnte niemand, dass mit dem Schwängerungsvorgang gleichzeitig die Entjungferung der Else-Marie einherging. Die Frage, wie das geschehen konnte, oder umgedreht, wie das nicht geschehen konnte in seiner Ehevollzugsanstalt, ertränkte der Poet in Unmengen seines selbstgebrannten Fuseler Darmbrandbeschleunigers, und nicht einmal sein eingetauschter Ziehsohn, der dicke Lehmann, konnte ihn davon abbringen, so sehr er auch den Knüppel schwang (siehe G-N-G 23).

Die Else-Marie aber erlebte durch die Doppelung von Schwängerung und Entjungferung eine ihr bislang unbekannte Euphorie. »Gott sah es vor«, rief sie während einer Chorprobe im Gemeindesaal, »ausgeführt durch seinen Stellvertreter, und ich werde das Kind austragen und danach als Alleinerziehende das machen, was Alleinerziehende zu tun belieben.«

Pastor Eckerle bekreuzigte sich. Das verhieß nichts Gutes. Noch am gleichen Abend trommelte er den Apotheker Tittelbaum und Bürgermeister Christian Woltersleben zusammen zur Beratung im Gasthof Goldener Frosch, um das schwere Gewitter, dass sich über der Kleinstadt zusammenbraute, in die Schranken zu weisen.

»Welches Gewitter?«, frug Apotheker Tittelbaum.

Da die beiden anderen nicht wussten, worin das Gewitter genau bestand, kippten alle erst einmal ein Gedeck (1 Bier, 1 Korn) hinunter und fielen anschließend in eine Grübelphase.

Ungeachtet dessen hatte Else-Marie die Freuden des Lebens für sich entdeckt. Nachdem sie den ermatteten Tennislehrer Alois Grützberger in seinen Linnen zurückgelassen hatte, suchte sie die Nähe des Finanzamtes auf, aus dessen Kellerfenstern rotes Licht, Moschusdüfte, Fahrstuhlmusik und spitze Schreie drangen (siehe G-N-G 13).

Wir erinnern uns an Fidi Finkelstein, dem Bratenbrutzler, dem kein Geheimnis der Stadt verborgen blieb, und der es mit sprachlichen Girlanden in die Gemeinde trug, quasi ein Maulwurf in Diensten der Moralität. »Ich sage nur Else und das Finanzamt«, sagte er zu jedem, der an seiner Bratbrutzelbude »Bruzzelkolosseum« vorbeikam. Wie nicht anders zu erwarten, erfuhren die drei Grübelmonster im Goldenen Frosch die unfrohe Botschaft noch im Sekundentakt. Sie verstummten ein über das andere Mal und versanken in eine tiefe Depression.

»Da drempelt der Feminismus und verschlingt uns mit Haut und Harfen«, rührte sich schließlich Bürgermeister Christian Woltersleben, der wie stets mit den Metaphern jonglierte.

»Unser schönes Kaltenhaven ist dem Frevel ausgeliefert«, jammerte Apotheker Tittelbaum.

»Den Verursacher dieser verlustbehafteten Moralitätsverwicklungen sollte man an den Eiern aufhängen und kastrieren, aber erst hinterher.« Wolterleben redete sich in Rage.

»Genau«, schnaufte Eckerle besinnungslos vor Empörung, »dem Eckerle, diesem bigotten Pastorendarsteller, würde ich daselbst die Konsequenzen in den Hodensack stopfen, vorher, bevor es losgeht mit dem Aufhängen.« Eckerle machte sich seit je die Meinung der Mehrheit zu eigen, da verschwendete er keine Gedanken an Logik oder Widerspruchsfreiheit. Vor allem, wenn er sich davon einen eher persönlichen als christlichen Gewinn versprach. Der Ringtausch, der ihm die Else-Marie zugeführt hatte, brannte ihm noch heiß zwischen Lenden.

Sie waren soweit. Der Wirt nickte wissend. Die Umherstehenden (Finkelstein, der dicke Lehmann und noch ein paar der üblichen Schmarotzer) leckten sich die Lippen. Mit einem Spezialgedeck Diabolo (1 Liter Maibock, 2 Fuseler Darmbrandbeschleuniger) würden sie die Verteidigungslinie aufbauen. Dem Feminismus standen schwere Zeiten bevor.

Nächstes Mal erzähle ich von dem Papagei, der den Verkehr regelt.

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