Ein Riss geht durch die NWZ

Warum die Nordwest-Zeitung (NWZ) mit einem Riesenbohei ein eingetrocknetes und vor sich hinnickerndes Dangaster Problemthema wieder zum Leben erweckt, weiß wohl nur der Redakteur Karsten Krogmann. »Ein Riss geht durch Dangast«, schreit seine Topzeile, so, als sei das Badeörtchen auseinandergeplatzt und nunmehr zerspalten in zwei verfeindete Lager. Das war es noch nie in dem Maße und ist es jetzt schon gar nicht, wenn man von ein paar ewig gestrigen Rechthabern & verbissenen Querulanten absieht, die ihr Lebensziel darin sehen, alles Neue zu verteufeln, gegen Andersdenkende zu stänkern und den Muff ihrer Jugenderinnerungen zu konservieren.

Worum geht es eigentlich? Was war da los?

Der Rat der Stadt Varel 2013 hatte mehrheitlich beschlossen, den Badeort Dangast umzubauen und zu modernisieren. Ein großes Projekt. Das brachte natürlich auch Gegner des Vorhabens auf den Plan. So weit, so normal. Kann man in vielen Kommunen beobachten (siehe die Querelen zu Windanlagen, Stromtrassen, Autobahnbau etc.).

Recht schnell bildete sich in Dangast eine Bürgerinitiative (BI) wie andernorts bei solchen Gelegenheiten auch. Was diese BI dann auf die Beine stellte, ging allerdings langsam über das Übliche hinaus. Die ca. 25 – 30 aktiven Leute behaupteten in dutzenden Leserbriefen schon bald, für alle (!) Vareler zu sprechen – für viele eine Frechheit ohnegleichen, so auch für mich. »Die Vareler sind gegen das Projekt«, schrien und schrieben sie inhaltlich gleichlautend.

Zu den Ratssitzungen, in denen das Dangastvorhaben diskutiert werden sollte, rotteten sie sich zusammen, brüllten Gegner nieder, hielten vor dem Rathaus Hup- und Pfeifkonzerte ab, störten in den Sitzungen mit ständigen Zwischenrufen, Gelächter und Lärm, beleidigten öffentlich und in ihrem Internetportal den Bürgermeister und den Kurdirektor und verschmierten Plakate. Eine heimlich aufgenommene Videoaufnahme einer Ratssitzung wurde illegal ins Netz gestellt. Die Unnachgiebigkeit der Protestler kannte keine Grenzen. Wer sich ihnen mit Argumenten in den Weg stellte, wurde beschimpft (Eigenerfahrung).

Das alles allerdings hätte nicht die verheerende Wirkung entfalten können, wenn sich die örtliche Presse (Der Gemeinnützige mit dem verantwortlichen Redakteur Hans Begerow) nicht als williger Zubringer und Anheizer der Stimmungsmache verstanden hätte. Bis auf den Buchstaben gleichlautende Leserbriefe wurden mehrfach veröffentlicht, üble Beleidigungen wurden ohne Kommentar abgedruckt, Falschaussagen nicht berichtigt, Meinungsbeiträge der Gegner wurden als „seriöse“ redaktionelle Beiträge abgedruckt, erkennbar nur an dem Autorenkürzel LR (sogar in der behaupteten Sperrfrist für Leserbriefe vor der Kommunalwahl), und es wurde nicht im entferntesten daran gedacht, die offenbar von einer kleinen Gruppe organisierten Verleumdungskampagnen in das richtige Verhältnis zu setzen. Denn die Mehrheit der Bürger war nicht gegen das Projekt eingestellt, obwohl es bald wegen dieser Medienpolitik so aussah. Man kann auch Manipulation dazu sagen, und tatsächlich glaubten allmählich viele derart „informierte“ Bürger an die Schreckensmeldungen der fast täglich abgedruckten Briefe.

Nebenbei: Von dem maßgeblichen Anteil der NWZ an der Aufwiegelung der Bürger steht kein Wort in der Serie des Herrn Krogmann. Seine Serie ist journalistisch aus diesem Grunde schon wertlos und überflüssig.

Der Fall wuchs zum bekannt gewordenen Hype an. Außenstehende, die den Wust an Leserbriefen zur Kenntnis nahmen, mussten glauben, dass der Vareler Rat aus einem Haufen korrupter Halunken bestand (Ich konnte derlei von Bekannten in Oldenburg hören). Als die entscheidende Kommunalwahl vor der Tür stand, wurde sogar ein Fernsehteam nach Varel gelockt, das die Bürger in den Straßen mit Fangfragen zu komischen Antworten reizte. Im ausgestrahlten Beitrag mussten sie dann sehen, dass durch geschickte Ausschnitte ihre Aussagen in eine bestimmte Richtung gedreht wurden: Der bisherigen Rat müsse abgewählt werden und der Bürgermeister dazu. Wie der Film suggerierte, habe sich nur eine einzige Partei und nur ein Bürgermeisterkandidat zur Wahl aufgestellt. Die Wahl sei praktisch schon vor dem Urnengang entschieden, quasi wie in einer Bananenrepublik oder in einer Diktatur.

Das alles waren, wie man heute sagt, Fakes, hanebüchen, aber für das demokratische Gemeinwesen gefährlicher Quatsch, der mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte (tatsächlich stellten sich die üblichen Parteien zur Wahl, und zum bisherigen Bürgermeisterkandidaten kamen noch drei weitere hinzu; die Wahl wurde dann sehr knapp von den jetzigen Amtsinhabern gewonnen).

So, den weiteren Unrat, der permanent ausgekotzt wurde, spar ich mir jetzt. Weil über die Sache Gras gewachsen ist. Die neue Dangaster Anlage wird bestens angenommen. Wer sich nach der ›guten alten Zeit‹ sehnt, kann weiterhin zum alten Kurhaus pilgern mit seinem Rhabarberkuchen und dem bunten Treiben des Folks (und kann auch mit Tausenden beim Holifestival, beim Watt en Schlick Fest oder bei den Beach-Wettkämpfen Dangast zustopfen und hinterher via Facebook und Twitter über den Massentourismus klagen).

Ein paar alte Kämpen aus der BI jammern und prozessieren zwar weiter, aber ein Riss in der Bevölkerung ist weit und breit nicht auszumachen. Klar, dass zum Dangastprojekt nach wie vor unterschiedliche Meinungen geäußert werden. So ist das in einer Demokratie.

Warum also das aufgeblasene Getue in der NWZ, wo die Dinge sich normalisiert haben?

Will man mit einem in diesem Fall obsoleten Sensationsjournalismus mehr Leser für die Zeitung gewinnen?

Moin

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